Wer sich mit Tropfenfotografie beschäftigt, wird früher oder später um eine Mariottesche Flasche (Siphon) für seine Tropfenflüssigkeit nicht herumkommen. Ein fertiger Siphon, wie es ihn z.B. von der Firma Cognisys (31,95 Euro) oder Eltima (89,00 Euro inkl. Magnetventil) gibt, ist teuer und mit ein klein wenig Aufwand für ein paar Euro leicht selbst herzustellen.
Wozu dient eine Mariottesche Flasche? Für die Tropfenfotografie ist es wichtig, dass im Tropfenspender immer derselbe Druck herrscht, gleichgültig, wie hoch der Füllstand ist. In einem geschlossenen Behälter ändert sich aber der Luftdruck mit fortschreitender Entleerung. Diesem Phänomen wirkt die Mariottesche Flasche entgegen. Das Prinzip ist einfach: Während die Flüssigkeit durch eine Öffnung im Boden unserer Flasche abfließen kann, wird der Druckausgleich durch ein Röhrchen, welches oben aus dem Deckel herausragt und unten bis fast zum Boden der Flasche reicht, erzeugt.
Was hat nun so eine Flasche mit Grillsauce zu tun? Nun, für irgendwas müssen die Amis ja gut sein. Sie liefern uns ihre Grillsaucen in relativ stabilen, transparenten Plastikflaschen. Ich habe versucht, meine Mariotteschen Flaschen aus Apfelschorle-Flaschen herzustellen, die sind aber viel zu dünnwandig und krumpeln sich beim geringsten Druck zusammen. Ideal sind „Heinz“-Grillsaucen in der Größe 220 ml. Das entspricht knapp dem Volumen der Fertig-Siphons. Dabei ist die Geschmacksrichtung übrigens ziemlich egal, wie ich feststellen konnte.
Schmeiß also Deine Grillsaucen-Flaschen im Sommer nicht weg, denn Du wirst sie im Winter für die Tropfenfotografie brauchen!
Noch etwas solltest Du nicht wegwerfen: Deine Seifenspender. Zum Grillen gehören hygienisch saubere Hände. Diese erreichst Du beispielsweise mit dem Sagrotan-Seifenspender 250ml.
Folgende Utensilien benötigst Du:
- Leere Heinz-Grillsaucen-Flasche 220ml
- Leeren Sagrotan-Seifenspender 250ml
- Relativ feine Rundfeile
- Kombizange
- Schraubendreher o.ä.
- Dünne Metallstifte (Nägel, Nadeln)
- Feuerzeug
- Schlauchtülle (8mm oder 9mm Außendurchmesser, 6mm Innendurchmesser)
- Silikon mit Silikon-Pistole (ich habe das Acryl-Silikon benutzt, das ich auch für die Acryl-Wasserwanne verwendet habe)
Zuerst musst Du aus der Pump-Mechanik des Seifenspenders alles entfernen, was den Luftstrom hemmt, so dass ein durchgängiges Röhrchen übrig bleibt. Dazu ziehst Du den Kopf des Spenders ab. Aber Vorsicht! Darunter verbirgt sich ein Ventilkügelchen, das beim Abziehen des Kopfes unkontrolliert durch den Raum fliegt und das Kinder gut verschlucken können.
Als nächstes nimmst Du einen Schraubenzieher und hebelst vorsichtig die kleine Kappe oberhalb des Deckels ab. Nun kannst Du den Schraubverschluss und die Mechanik, bestehend aus dem Zylinder, der Feder und einer zweiten Ventilkugel, entfernen (herausziehen).
Deckel und Kappe setzt Du dann wieder auf das Rohr auf. Das transparente, unten abgeschrägte Röhrchen setzt Du umgekehrt (mit Abschrägung Richtung Deckel) wieder auf den Mechanismus auf.
Aus dem Schraubverschluss des Heinz-Saucen-Behälters musst Du das sternförmig eingekerbte Gummi entfernen und die Öffnung mit der feinen Rundfeile vorsichtig so weit vergrößern, dass das „Sagrotan“-Rohr gerade so hineinpasst. Wenn Du das richtig machst, kannst Du die Rohrtiefe (Abstand zum Behälterboden) beliebig justieren, ohne dass das Röhrchen am Deckel befestigt werden muss.
Behälter und Rohr müssen sehr gut gereinigt werden, damit ihnen keine Saucen- oder/und Seifenreste mehr anhaften.
Jetzt muss noch die Tülle am Behälterboden der Heinz-Flasche angebracht werden, die den Schlauch bzw. eine Tülle für den Schlauch aufnimmt, der wiederum zum Magnetventil führt. Warum ich nicht gleich die Sagrotan-Flasche zur Mariotteschen Flasche umbaue hat zwei Gründe:
- Die Heinz-Flasche ist etwas stabiler
- Die Heinz-Flasche hat eine größere Eingieß-Öffnung
Um für den Schlauch bzw. die Tülle eine genügend große Öffnung am Flaschenboden anzubringen, brauchst Du eine Kombizange und eine Nadel oder einen relativ dünnen Nagel. Ihn packst Du mit der Kombizange, um ihn mit einem Feuerzeug zu erhitzen. Den heißen Nagel stichst Du dann mit der Spitze in den Boden des Behälters, den Du zuvor zwischen Deine Knie geklemmt hast. Durch die Hitze „durchschmilzt“ der Nagel den Plastikbehälter. Versuche nun, mit dem heißen Nagel ein (halbwegs) kreisförmiges Loch aus dem Boden herauszuschmelzen. Dazu musst Du den Nagel sicherlich mehrmals erhitzen. Wenn Du es geschafft hast, ein annähernd kreisförmiges Scheibchen auf diese Weise herauszuschneiden, nimmst Du eine relativ feine Rundfeile und erweiterst das Loch so weit, dass Du die Tülle quasi „hineinschrauben“ kannst.
Mit Silikon dichtest Du anschließend die „Schraubstelle“ ab. Ein Tipp: Wenn Du mal von der besagten Metalltülle altes Silikon rückstandslos entfernen möchtest, dann leg sie ein paar Stunden in Essigreiniger. Dieser greift zwar u.U. ein wenig das Messing an, aber wenn es auf das Aussehen nicht unbedingt ankommt, ist dies die einfachste Methode, um anschließend das Silikon leicht abziehen zu können.
Mit einem (Einweck-)Gummi, Kabelbinder o.ä. kannst Du Deine selbst gebastelte Mariottesche Flasche am Tropfengestell befestigen.
Du hast jetzt locker 30,– Euro gegenüber der Fertiglösung gespart. Bei drei Ventilen sogar 90,– Euro! Investiere das gesparte Geld lieber in ein zusätzliches Blitzgerät für Deine Tropfenfotografie. Das kannst Du Dir nämlich schlecht selber bauen…
Folgende Berichte zum Thema Tropfen/Highspeedfotografie sind bereits auf eifelpanorama.de erschienen:
- Dröppche voor Dröppche Qualiteit – Tropfenfotografie
- Tropfen fotografieren – Das Runde muss ins Runde
- Anleitung: So erstellst Du beeindruckende Tropfenfotos
- Tropfenkunst – Tropfengestell für die Tropfenfotografie selbst bauen
- Tropfenwanne aus Acrylglas: Bauanleitung
- Tropfenskulpturen – Unterleuchtrahmen für die Auffangwanne
- Hochgeschwindigkeitsfotografie – Belichtung von Tropfenfotos
- Tropfenfoto-Workflow – So erstelle ich meine Tropfenfotos
- Tropfenkunst: Parameter für meine Tropfen-Formen
Hallo,
eine tolle Idee leider zu spät gesehen.
Hallo Andreas Tretbar,
vielen Dank für den Kommentar!
Herzliche Grüße und viele schöne Tropfenfotos!
Ronald