Welche tollen Himmelsobjekte sind wann von einem bestimmten Ort aus zu sehen? Welche Brennweite ist optimal für ein Objekt und wie muss ich das Objekt für ein optimales Foto im Sucher bzw. auf dem Bildschirm positionieren? Diese und viele andere Fragen kann Stellarium im Handumdrehen beantworten. Darüber hinaus kann Stellarium bei Bedarf auch noch Deine GoTo-Montierung steuern. Wie ich Stellarium installiert und eingerichtet habe und wie ich es in der Praxis für meine Astrofoto-Planung verwende, zeige ich Dir in diesem Bericht.
Download und Installation
Stellarium gibt es für Windows, Mac und Linux: Download auf der Homepage. Auch als reine Web-Anwendung ist Stellarium verfügbar. Wenn Du die Version für Dein Betriebssystem (in meinem Fall Windows 64 Bit) heruntergeladen hast, kannst Du den Installationsvorgang durch Doppelklick auf die Datei starten.
F11 beendet den Vollbildmodus
Ein Doppelklick auf das Stellarium-Icon startet die Anwendung im Vollbildmodus. Mit der Taste „F11“ kannst Du den Vollbildmodus verlassen.
Menüstruktur
Stellarium besitzt drei Menübereiche, die ggf. eingeblendet werden, wenn Du mit dem Mauszeiger darüberfährst. Die Menü-Bereiche befinden sich am unteren Fensterrand ganz links, am linken seitlichen Fensterrand ganz unten und am oberen Fensterrand ganz rechts. Die beiden Menüs in der unteren linken Bildschirmecke können mit Klick auf die kleinen dreieckigen Symbole festgestellt werden. Die Symbole werden dann zu kleinen Quadraten.
Sprache wählen
Falls Du die Sprache für Stellarium ändern möchtest, betätigst Du die Taste „F2“ oder klickst auf den Schraubenschlüssel mit dem Stern (im Menü am linken Fensterrand). Danach wählst Du die Lasche „Allgemein“ und darin die gewünschte Sprache.
Beobachtungsort(e) einrichten
Um Position und Sichtbarkeit der Objekte möglichst realistisch in Stellarium darstellen zu können, ist eine genaue Eingabe der Koordinaten und der Höhe Deines Beobachtungsortes erforderlich. Die Koordinaten erfährst Du über Google Earth, Google Maps oder auch http://www.lightpollutionmap.info usw. Letztere Website zeigt Dir zusätzlich auch die Höhe des gewählten Ortes an.
Mit der Taste „F6“ oder durch Anklicken des Standort-Symbols im Menü am linken Seitenrand erscheint das Fenster für die Ortseingabe. Nachdem Du Deine Angaben gemacht hast, klickst Du auf „Zur Liste hinzufügen“.
Teleskope/Objektive eintragen
Stellarium kann Dir zur Beurteilung eines von Dir geplanten Fotos anhand Deiner eingegebenen Ausrüstung einen maßstabsgerechten Bildrahmen um das gewählte Objekt legen. Dazu musst Du u.a. Deine Teleskope und/oder Kamera-Objektive angeben. Wähle das Schraubenschlüssel-Symbol aus dem Menü oben rechts im Stellarium-Fenster und klicke dann auf die Lasche „Teleskope“. Gib dem Teleskop/Objektiv, welches Du eingeben möchtest, einen Namen. Dann gib Brennweite und Durchmesser an. Den Durchmesser eines Fotoobjektivs kannst Du ermitteln, indem Du die Brennweite durch die größte Blende (kleinste Blendenzahl) dividierst. Mein Sigma 20mm hat eine Offenblende von F 1,4. Damit ist der Durchmesser 20/1,4=14,29. Ein Klick auf „Hinzufügen“ ergänzt die Liste der Teleskope um Deine Eingabe.
Die Sensoren (Kameras) eintragen
Über die Lasche „Sensoren“ gibst Du die Parameter Deiner Kamera-Sensoren ein. Dazu gehören: Ein Name, die Anzahl der Pixel für die Sensorbreite (x) und die Pixelanzahl für die Sensorhöhe (y), sowie die Sensorbreite (x) und die Sensorhöhe (y) in mm. Binning = 1, alle anderen Werte = 0. Ein Klick auf den Button „Hinzufügen“ übernimmt Deine Eingaben in die Liste.
Zwischenlinsen und Okulare (für Teleskopbesitzer)
Zwischenlinsen und Okulare müssen für Teleskopbesitzer über die entsprechenden Laschen ebenfalls eingegeben werden.
Jetzt kann eigentlich schon mit der Planung in Stellarium begonnen werden. Wer allerdings eine GoTo-Montierung besitzt und/oder beispielsweise die Planung in Verbindung mit N.I.N.A durchführen möchte, ist gut beraten, sowohl Teleskopsteuerung als auch Fernbedienung einzurichten.
Teleskopsteuerung (nur für Besitzer einer GoTo-Montierung)
Bist Du im Besitz einer GoTo-Montierung, solltest Du die Möglichkeit nutzen, diese über Stellarium anzusteuern. Dazu öffnest Du mit „F2“ oder per Klick auf das Schraubenschlüsselsymbol mit dem Stern im Menü am linken Fensterrand das Einstellungsfenster. Wähle die Lasche „Erweiterungen“ und aus der Liste am linken Rand „Teleskopsteuerung“. Kreuze dann das Kästchen „Beim Start laden“ an und klicke auf „Konfigurieren“.
Wähle die Lasche „Teleskope“ und klicke auf den Button mit dem Symbol für „Neues Dokument“ (oder wähle einen bestehenden Eintrag und klicke auf den „Schraubenschlüssel“-Button zum Bearbeiten des Eintrags).
Für meine Skywatcher EQ6-R-Montierung habe ich mir die „Pierro-Astro USB-HEQ5 Direkt-Schnittstelle“ gekauft, mittels der (den Handcontroller ersetzend) die Montierung mit dem Computer verbunden wird. Die Schnittstelle verwendet den EQMOD ASCOM EQ5/6-Treiber. Die Einstellungen für meine Konfiguration sehen folgendermaßen aus:
Schließlich solltest Du unter der Lasche „Einstellungen“ noch prüfen, ob die drei Häkchen für die Oberfläche gesetzt sind:
Fernbedienung (Schnittstelle zu anderen Programmen, wie z.B. N.I.N.A)
Wenn Du mit anderen Programmen auf Stellarium zugreifen möchtest (z.B. um aus N.I.N.A heraus die in Stellarium getroffene Wahl eines Objekts automatisch zu übernehmen), dann musst Du die Stellarium-Fernbedienung konfigurieren. Dazu öffnest Du mit „F2“ oder per Klick auf das Schraubenschlüsselsymbol mit dem Stern im Menü am linken Fensterrand das Einstellungsfenster. Wähle die Lasche „Erweiterungen“ und aus der Liste am linken Rand „Fernbedienung“. Kreuze dann das Kästchen „Beim Start laden“ an und klicke auf „Konfigurieren“.
Im Fenster „Fernbedienungs-Plugin-Konfiguration“ werden die Einstellungen üblicherweise wie folgt durchgeführt:
Stellarium beenden
Stellarium wird beendet durch die Tastenkombination „Ctrl-Q“/„Strg-Q“ oder durch Klick auf das „Beenden“-Symbol im Menü am unteren Bildschirmrand:
Planung mit Stellarium
Um Astro-Aufnahmen zu planen/zu simulieren oder auch das Teleskop zu steuern, starten wir Stellarium wie anfangs beschrieben und drücken anschließend ggf. die Taste „F11“, um den Vollbildmodus zu verlassen.
Wahl des Beobachtungsortes
Den Beobachtungsort, den wir bei der Einrichtung der Beobachtungsorte als „Standardort“ markiert haben, zeigt Stellarium uns im Menübereich am unteren linken Bildschirmrand. Auch zeigt uns Stellarium, ob die Fernbedienung eingeschaltet ist, um später z.B. unsere Planung automatisch nach N.I.N.A. zu transferieren.
Möchten wir einen anderen Beobachtungsort wählen, so klicken wir auf das Symbol für das Standortfenster oder drücken stattdessen die Taste „F6“.
Im Suchfeld geben wir den zu suchenden Ort ein. Sobald er in der Liste erscheint (gefunden wurde), kann er mit einem Doppelklick auf den entsprechenden Listeneintrag übernommen und zum aktuellen Beobachtungspunkt gemacht werden. Falls der gerade ausgewählte Ort als neuer Standardort gelten soll, muss das Häkchen bei „Aktuellen Ort als Standardort setzen“ gesetzt werden. Danach kann das Ortswahl-Fenster über das „x“ in der rechten oberen Fensterecke geschlossen werden.
Nachtmodus
Befinden wir uns bereits am Beobachtungsort und wollen unser Teleskop über Stellarium steuern, verwenden wir die aktuelle Zeit. In diesem Fall kann es helfen, Stellarium in den Nachtmodus zu schalten (Stichwort: Augen-Adaptation).
Beobachtungszeit für die Planung wählen
Zum Planen jedoch wählen wir das gewünschte Beobachtungsdatum und die Beobachtungszeit. Mit „F5“ oder Klick auf das Uhren-Symbol (im Menü am linken Fensterrand) gelangen wir in das Einstellungsfenster für das Datum und die Zeit. Sobald Du die Planungszeit eingestellt hast, solltest Du per Klick auf das Abspiel-Symbol im Menü am unteren Fensterrand oder durch Drücken der Taste „k“ die Zeit anhalten. Der Grund: Wenn die Zeit weiter läuft, wandert Dein Objekt durch die Simulation der Erddrehung aus dem Bild heraus.
Orientierung/Fortbewegung am Himmel
Mit den Pfeiltasten der Tastatur oder per gehaltener linker Maustaste kannst Du Dich im Stellarium-Himmel fortbewegen und orientieren. Mit den Tasten „Bild nach oben“ und „Bild nach unten“ und mit dem Mausrad wird ein- und ausgezoomt. Ein Klick auf das Deep Sky-Symbol im unteren Menü schaltet die Anzeige und Bezeichnung von Deep Sky-Objekten an bzw. aus.
Weitere Objekte (Dunkelnebel usw.) können ein-/ausgeschaltet werden, indem Du die Taste „F4“ betätigst oder auf das Symbol für „Himmel- und Anzeigeoptionsfenster“ klickst.
Ein bestimmtes Objekt suchen
Suchst Du ein bestimmtes Objekt (z.B. Orion), dann drückst Du „F3“ oder klickst auf die Lupe mit dem Stern, wählst anschließend die Lasche „Objekte“ und gibst den Namen des gesuchten Objekts ein. Sobald das richtige Objekt in der Liste aufgeführt wird, kannst Du es mit einem Klick auswählen.
In unserem Beispiel erhalten wir einen schwarzen Bildschirm, weil Orion zum gewählten Zeitpunkt an unserem Beobachtungsort noch nicht sichtbar ist. Entweder müssen wir nun eine andere Beobachtungszeit wählen oder ein anderes Objekt.
Wir wollen ersatzweise „Herz- und Seelennebel“ suchen. Das sind sehr lohnenswerte Fotoobjekte im Sternbild Perseus.
Der Herz-Nebel wurde gefunden und wird durch einen pulsierenden blauen Rahmen unterhalb des Sternbildes Cassiopeia angezeigt. In der linken oberen Fensterecke werden verschiedene Daten zum aktuellen Objekt aufgelistet.
Da Herz- und Seelennebel zu klein dargestellt werden, müssen wir per Mausrad oder „Bild nach oben“-Taste einzoomen. Wegen der besseren Übersichtlichkeit habe ich im Menü am unteren Bildschirmrand das Symbol „Deep Sky“ ausgeschaltet:
Wahl der optimalen Brennweite
Welche Brennweite benötigen wir, um die beiden Nebel zusammen mit dem Doppelsternhaufen abzubilden? Wir klicken auf das Symbol „Bildsensor-Rahmen“. Da ich noch die Canon 5D4 zusammen mit einer 840iger Brennweite eingestellt hatte, wird das Bild automatisch von Stellarium noch weiter eingezoomt und der Sensorrahmen um das Zentrum des Herznebels gelegt.
Die gewählte Brennweite ist zu groß, der Herznebel passt nicht in das spätere Bild. Wir zoomen die Stellarium-Darstellung wieder aus und wählen eine passende Brennweite (ein passendes Teleskop). In unserem Fall ist ein 200mm-Objektiv genau richtig.
Bildausrichtung optimieren (Bildgestaltung)
Aber die Bildausrichtung gefällt noch nicht. Außerdem ist Stellarium auf „Azimutale Montierung“ geschaltet. So fällt uns zwar die Orientierung leichter, weil der Horizont immer waagerecht ist (das Bild also unserer Sichtweise entspricht), aber es ist nicht die Sichtweise unserer Kamera, die sich ja auf einer äquatorialen Nachführung befindet. Zur genauen Ausrichtung unseres Bildes schalten wir also die äquatoriale Montierung ein und richten dann das Bild durch Verschieben und Drehen nach unseren Wünschen aus.
Unser optimiertes Ergebnis können wir beispielsweise in die kostenlose Software N.I.N.A überführen. N.I.N.A wiederum ist in der Lage, zu einem beliebigen anderen Sichtbarkeits-Zeitpunkt des geplanten Bildausschnitts, die GoTo-Montierung automatisch genauso zu positionieren, wie wir das hier geplant haben. Dabei fordert uns N.I.N.A sogar solange auf, die Kameradrehung entsprechend um x° zu korrigieren, bis der Bildausschnitt genau unserer Planung entspricht. N.I.N.A kann allerdings auch elektronische Rotatoren steuern.
Transit – Der beste Zeitpunkt für die Aufnahme in der Beobachtungsnacht
Bei der Planung sollte noch ein weiterer Aspekt Berücksichtigung finden, nämlich die Minderung der Bildqualität durch Luftunruhen. Je dünner die Luftschicht, desto weniger Störungen durch Luftunruhen. Am Beobachtungsort ist die Luftschicht direkt über dem Beobachter (im Zenit) am dünnsten. Durch die dickste Luftschicht muss das Licht eines Sterns hindurch, wenn er kurz über dem Horizont steht. Folglich sollte man seine Himmelsobjekte dann fotografieren, wenn sie sich am höchsten über dem Horizont befinden. Diesen Punkt nennt man „Transit“ (siehe hierzu auch: „Der beste Zeitpunkt für Astrofotos“).
Ich habe als Beispiel einmal den Helix-Nebel genommen, der in unseren Breiten nie in die Nähe des Zenits kommt. Den Nebel solltest Du also so fotografieren, dass der Transit (der höchste Stand eines Himmels-Objekts) in die Mitte Deiner Gesamtbelichtungszeit fällt. Wenn Du eine Gesamtbelichtungszeit für den Helix-Nebel von 3 Stunden planst, dann solltest Du mit den Belichtungen also 1,5 Stunden vor Erreichen des Transits beginnen. Stellarium zeigt Dir in den Informationen zu einem ausgewählten Objekt links oben im Fenster u.a. die Zeiten für Aufgang, Transit und Untergang des Objekts. In unserem Beispiel solltest Du also um 21:45 Uhr mit den Aufnahmen beginnen. Das passt, denn die „Dunkle Nacht“ beginnt am 02.10.2021 am gewählten Beobachtungsort um 21:01 Uhr und der Mondaufgang ist um 2:01 Uhr.
Schlussbemerkung
Noch eine Anmerkung zum Schluss: Stellarium zeigt die Himmelsobjekte so, wie sie irgendwer mit irgendeinem Equipment aufgenommen und bearbeitet hat. I.d.R. waren das Profis. Wie Dein Foto des gleichen Objekts später einmal aussehen wird, hängt von den Fähigkeiten Deiner Ausrüstung und von Deinen Fähigkeiten bei der Bildbearbeitung ab.
Ich empfehle Dir, auch einmal meine Abhandlung über das (Astro-)Foto-Planungs-Tool „PlanIt!“ zu lesen: PlanIt Anleitung – PlanIt! für Fotografen.