Die Sache mit den Giftschlangen und den Gämsen

Ja, wie ging sie wohl aus, die Sache mit den Giftschlangen und den Gämsen? In einem Zeitungsbericht über die historischen Mauern in Menzenschwand aus dem Jahre 2010 las ich nämlich, dass es dort in großer Zahl Kreuzottern geben soll. „In großer Zahl“ – es durchzuckte mich wie ein Blitz. Da muss ich hin!

Ich erkundige mich über die Verhaltensweise der Kreuzottern und lese, dass die Biester morgens aus ihren Mauerlöchern kriechen und sich sonnen. Super! Ich stelle mir schon bildlich vor, wie die kleinen Vipern massenhaft in der Sonne liegen und sich einen Wolf posieren, nur um von mir endlich geknipst zu werden.

Natürlich erkundige ich mich auch über die Gefährlichkeit dieser Bestien, die in den höheren Lagen eine schwarze Färbung aufweisen und deshalb auch „Höllenottern“ genannt werden und gewinne den Eindruck, dass wohl der ein oder andere Homo sapiens den Biss der Kreuzotter knapp überlebt haben soll. Diese kleine Chance will ich nutzen. Ja, ich bin bereit, mein 60-jähriges, blutjunges, unschuldiges Leben zu opfern. Die Welt hat ein Recht auf Information und ich bin mir meiner Verantwortung als journalistischer Blogger durchaus bewusst!

Also die Fotosachen eingepackt und von meinem 20 Km entfernten Domizil Höchenschwand morgens um 6 Uhr Richtung Menzenschwand gefahren. Durch die Berge, die das Krunkelbachtal in Menzenschwand einschließen, kann die Sonne erst sehr spät nach Sonnenaufgang die besagten historischen Mauern bescheinen, um die Kreuzottern zum morgentlichen Sonnenbad zu bewegen.

Den Zeitraum bis dahin möchte ich überbrücken, um die Gämsen aufzuspüren, die es hier gibt. Vor einigen Jahren habe ich mal zufällig eine in dieser Gegend fotografiert.

Gämse im Krunkelbachtal Menzenschwand
Gämse im Krunkelbachtal Menzenschwand

Ich bewege mich also in westliche Richtung durchs Krunkelbachtal. Wandert man in dieser Gegend, so muss man immer wieder über Weideflächen gehen, die mit Elektrozäunen (meist ein einfacher Draht in ca. 1 Meter Höhe) gesichert sind, damit die Rindviecher keine ausgedehnten Ausflüge machen können. Ein- und Austritt für den Wanderer besteht aus einem gewinkelten Durchgang mit 3 Pfählen – für Rindviecher, die nicht der Gattung Homo sapiens angehören, unpassierbar.

Ich befinde mich also auf einem Weg, der rechts und links mit einem Elektrozaun eingegrenzt ist. Kühe rechts, Kühe links und auf meinem Weg zwei Kälber. Diese können aufgrund ihrer Größe ungehindert unter dem Elektrodraht auf den Wanderweg gelangen. Nun bin ich sehr darauf bedacht, die beiden Kälber bloß nicht in Panik zu versetzen. Und das hat seinen guten Grund!

Vor einigen Jahren war ich auf dem Rückweg von der Krunkelbachhütte Richtung Finsterbühl und fotografierte mit meinem Tele eines der Rindviecher. Als ich fast schon den Weidenausgang erreicht hatte, hörte ich hinter mir ein Dröhnen. Die Rinderherde kam in vollem Galopp auf mich zugestürmt. Stampede? Wut über das unautorisierte Foto? Ich konnte mich gerade noch unter den Elektrozaun durchrollen und in Sicherheit bringen. Dann machte ich natürlich noch schnell ein (in der Aufregung etwas unscharfes) Foto…

Stampede - Ein Rind der wild gewordenen Herde springt durch das Geäst Nähe Krunkelbachhütte/Finsterbühl (Ausschnitt)
Stampede – Ein Rind der wild gewordenen Herde springt durch das Geäst Nähe Krunkelbachhütte/Finsterbühl (Ausschnitt)

Man glaubt nicht, wie schnell und wendig diese schwerfällig erscheinenden Tiere sein können! Die sprangen über Büsche wie Springpferde über den CHIO-Parcourt.

Deshalb meine Vorsicht bei den Kälbern. Jedenfalls aber muss ich hier durch das Gelände hindurch. Ich bewege mich vorsichtig vorwärts. Eines der Kälber geht unter dem Elektrozaun wieder auf die reguläre Weide zurück. Und irgendwann beginnt das andere Kalb zu traben. Prompt kommt die Mama angewetzt, die plötzlich rechts von mir auf einer Erhöhung unmittelbar am Elektrozaun steht und mich um gut anderthalb Meter überragt. Zum Glück entspannt sich die Lage, denn Muttertier und Kalb finden hinter dem nächsten Weidezugang wieder zueinander. Die ganze Herde entfernt sich nach links und ich kann meinen Weg ungehindert fortsetzen.

[Nachtrag vom 20.08.2014: Dass meine Vorsicht den Rindviechern gegenüber goldrichtig war, bestätigt mir ein Bekannter (und eifelpanorama-Leser) aus der Schweiz. Er berichtet mir, dass dort davor gewarnt wird, auf zugänglichen Weiden den Kälbern zu nahe zu kommen und vor allem die Verbindungslinie zwischen Kalb und Muttertier nicht zu queren. Und in der Ausgabe der Dürener Zeitung vom 09.08.14 lese ich eine Notiz mit der Überschrift „Erneut Kuh-Attacke auf Wanderer mit Hund“.  Der Wanderer wurde schwer verletzt. Ende Juli wurde bereits, so steht es in der Notiz, eine deutsche Wanderin  im Stubaital von Kühen angegriffen und getötet. Also Vorsicht vor dummen Kühen! Ihr seht, liebe Fans von eifelpanorama.de, die Hinweise auf dieser Hompage können Leben retten! ]

Dort angekommen, wo ich vor einigen Jahren die Gämse fotografiert habe, entdecke ich einen relativ großen Bestand des gefleckten Knabenkrauts und Waldhyazinthen.

Knabenkraut im Krunkelbachtal
Knabenkraut im Krunkelbachtal

 

Knabenkraut mit Schwebefliege im Krunkelbachtal
Knabenkraut mit Schwebefliege im Krunkelbachtal

Nur die Gämsen sind nicht am vereinbarten Treffpunkt…

Inzwischen ist die Sonne so hoch gestiegen, dass die historischen Mauern beschienen werden. An jeder zugänglichen Mauer stehe ich auf dem Rückweg quasi Schlange um den Schlangen die Chance zu bieten, von mir persönlich abgelichtet zu werden. Highnoon – mit der Hand schussbereit am Foto-Holster bin ich bereit, mich mit den Höllenottern zu duellieren – aber keiner dieser Feiglinge lässt sich blicken. Nochmalige Recherchen ergeben, dass die Chancen, diese Reptilien zu finden, im Mai und im August am größten sind.

Also, wartet nur ein Weilchen! Dann kommt Ronald mit dem Canon-Teilchen! Ich werde euch finden!!!

Nachtrag am 28.08.2020: Die Höllenotter habe ich zwar bis heute nicht gesehen, dafür bin ich aber inzwischen der „normalen“ Kreuzotter hautnah begegnet. Hier der Bericht: „Die Schönen und das Biest – Kreuzotter-Suche in den Niederlanden

2 Gedanken zu „Die Sache mit den Giftschlangen und den Gämsen“

    1. Liebe Anni,
      das freut mich! Bleib meiner Webseite treu, ich habe noch viele interessante Berichte und Fotos in Vorbereitung.
      Liebe Grüße
      Ronald

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