„Bei Driebergen in den Niederlanden kommt ihr zurzeit ganz nah an die seltenen Kiefernkreuzschnäbel heran!“, berichtet ein befreundeter Naturfotograf Peter und mir. Da müssen wir natürlich hin! Kiefernkreuzschnäbel sind vor allem in Skandinavien und Osteuropa beheimatet und in unseren Breiten sehr seltene Gäste. Sie unterscheiden sich von den hiesigen Fichtenkreuzschnäbeln u.a. durch einen sehr hohen und in der Mitte gewölbten Unterschnabel.
Drei Tage später lassen Wetter und Termine es zu, dass Editha, Peter und ich die knapp 250 km nach Driebergen bei Utrecht in den Niederlanden auf uns nehmen, um die Kiefernkreuzschnäbel in unsere Fotosammlungen aufzunehmen. Gegen 9:30 Uhr kommen wir bei minus 5,5 Grad Celsius in Driebergen an. Wir packen unsere Ausrüstungen aus und begeben uns auf den fast zwei km langen Weg, den Achim uns beschrieben hat.
Der Zielort liegt in einer wunderschönen Heidelandschaft, die teilweise wie eine mit Heidekraut bewachsene Dünenlandschaft aussieht. Hinter einer Kuppe sehen wir eine große Fotografentraube. Dort wird auf unsere Protagonisten gewartet, dort müssen wir hin. Später sind zeitweise tatsächlich mehr als 20 Fotografen anwesend.
Wir bauen unsere Kameras auf, und bald schon zeigen sich die ersten Kiefernkreuzschnäbel auf einer Kiefer links von uns. Insgesamt sechs Vögel sind es. Sie müssen in relativ kurzen Abständen ihren Wasserhaushalt auffüllen, denn die ölhaltigen Samen, die ihnen zur Nahrung dienen, machen durstig . Wegen des seit Tagen anhaltenden kalten Wetters ist der kleine Teich zugefroren. Lediglich unter der Holzbrücke vor uns gibt es eine eisfreie Wasserstelle, die von den Tieren als Wasserstelle genutzt wird. Da sie genau hierhin müssen, brauchen wir Naturfotografen nur zu warten, bis der Durst der Kreuzschnäbel groß genug ist.
Einige Fotografen haben Zweige auf der Holzbrücke angebracht, damit die Tiere dort zwischenlanden können. Die Finkenvögel (Kreuzschnäbel gehören zu den Finken) nehmen das Angebot gerne an, um sich von dort oben hinunter zum Wasser zu stürzen.
Wir erleben, dass es unter den Kiefernkreuzschnäbeln nicht nur Futterneid gibt, sondern auch Zoff um die Wasserrechte!
Im Turnus von etwa 15-20 Minuten kommen die Vögel zum Trinken. Ob es immer dieselben sind, können wir nicht sagen. Es sind aber nie mehr als sechs Exemplare.
Die Tiere sehen aus, als hätten sie mit Klitschko im Ring gestanden und durch eine knackige Rechte auf den Oberkiefer und eine wirkungsvolle Linke auf den Unterkiefer zur Strecke gebracht worden. Bei einigen Exemplaren auch umgekehrt. Vielleicht rührt daher der Name „Kiefernkreuzschnabel“ und nicht von den Kiefernsamen, von denen sie sich hauptsächlich zu ernähren versuchen…
Ich frage mich, ob ich mit einem so schiefen Maul überhaupt trinken könnte. Ein Test wäre theoretisch möglich, denn Editha hat für Peter und mich eine Thermoskanne mit Kaffee mitgenommen. Für sich selbst hat sie Tee mitgebracht. Auch selbstgebackenen, herzhaften Kuchen nach Muffin-Art hat Editha eingepackt. In den „Flugpausen“ stärken wir uns und der heiße Kaffee tut uns bei der Kälte und den starken Windböen sehr gut. Ein wenig vorsichtig müssen wir sein, denn der Wind bläst den vielen, feinen Sand auf die Ausrüstung und in die Augen. Das, was im Kaffee knirscht, ist also kein Zucker, sondern weißer Sand.
Nach drei erfolgreichen Stunden packen wir unsere Sachen zusammen und marschieren zurück zum Auto. Für uns war das eine Punktlandung! Am nächsten Tag soll das Wetter schlecht werden und die Temperaturen werden über das Wochenende steigen, so dass das Eis in der nächsten Woche geschmolzen sein wird und die Kiefernkreuzschnäbel damit die Wasserstelle nicht mehr aufsuchen müssen.
Übrigens machte mich René (siehe: Potemkinsche Vögel? Groß-Attrappen? Großtrappen?) darauf aufmerksam, dass sich unter die Kiefernkreuzschnäbel auch ein Fichtenkreuzschnabel gemogelt hat. Vielen Dank, René, für den Hinweis!
unfassbar schöne Aufnahmen und dazu sehr informativer Text .
Ich gratuliere-Weiter so!
Hallo Bernd,
freut mich, dass Dir der Bericht gefällt! Ich werde mir Mühe geben, so weiterzumachen…
Viele Grüße
Ronald
Es war mir ein Genuss die herrlichen Bilder zu betrachten.
Ronald recht herzlichen Dank, und ja, man kann auch als Mensch mit einem schiefen Maul saufen, sonst wäre ich schon längst verdurstet.
Lieber Hermann,
vielen Dank für Deinen Kommentar, über den ich mich mal wieder sehr gefreut habe!
Schade, dass Du so weit von uns entfernt wohnst, sonst hätte ich es auf ein Vergleichsfoto ankommen lassen 🙂
Ich wünsche Dir weiterhin viel Freude bei Deiner ehrenamtlichen Tätigkeit für den Naturschutz!
Liebe Grüße
Ronald