In diesem Sommer gibt es einige schöne, klare Nächte für die Astro-Fotografie, aber natürlich für einen Astrofotografen nie genug. Wetterfrust ist ja immer dabei. Trotzdem kann ich während meines Schwarzwald-Aufenthalts im Sommer 2023 einige attraktive Deep Sky-Objekte unter relativ dunklem Himmel aufnehmen.
Um es in diesem Astro-Fotografie-Bericht vorweg zu nehmen: Die berühmten Perseiden kann ich leider wieder einmal nicht aufnehmen. Dieser Meteorstrom fliegt offensichtlich in jedem Jahr ungesehen an mir vorbei. Am Vorabend des Perseiden-Höhepunktes bin ich zum Grillen bei Freunden eingeladen. Ich verzichte auf das obligatorische Bierchen und bin stets auf dem Sprung, das Grillfest zu verlassen, sobald sich besseres Wetter ankündigt. Aber das Wetter pfeift mir was. Auch als ich abends in meiner Ferienwohnung bin, ist der Himmel noch sehr bewölkt. Weil ich glaube, dass ich in dieser Nacht chancenlos bin, entschließe ich mich, zu schlafen. Am nächsten Tag wird mir berichtet, dass der Himmel nach Mitternacht doch noch klar wurde und Sternschnuppen ohne Ende zu sehen waren… Also heißt es bei der Astro-Fotografie wieder einmal: Noch ein Jahr Geduld aufbringen, bis der Strom der Perseiden auf seiner Bahn wieder an der Erde vorbeischaut.
Meine ersten Astro-Fotografie-Objekte befinden sich im Sternbild „Schlange“. Es sind der 27.000 Lichtjahre entfernte Kugelsternhaufen M5 (die ersten Aufnahmen hatte ich bereits Mitte Juni in der Eifel aufgenommen, die restlichen Aufnahmen erfolgen nun am 17.07. im Südschwarzwald an meinem „geheimen“ Dunkelort) und der „nur“ 7.000 Lichtjahre entfernte Adlernebel M16, den ich in den Nächten vom 11.07 und 15.07. aufnehme. Im Adlernebel befinden sich die durch ein Bild des Hubble-Teleskops berühmt gewordenen „Säulen der Schöpfung“, an deren Spitze sich Sterne befinden, die „gerade eben“ entstanden sind. Also vor ca. 800.000 Jahren. Die jüngsten „Küken“ unter diesen Sternen sind sogar erst 50.000 Jahre alt.
In den Nächten vom 22.07. und 23.07. richte ich meine Objektive auf den Dunkelnebel LDN 673 im Sternbild Adler (nicht zu verwechseln mit dem Adlernebel), der die Anmutung eines chinesischen Schriftzeichens hat und der ca. 600 Lichtjahre von uns entfernt ist.
Mein nächstes Astro-Fotografie-Objekt ist noch einmal NGC 6888, der Sichel-Nebel, dessen Licht 4.700 Jahre braucht, um zu uns zu gelangen. Es handelt sich um einen Emissionsnebel im Sternbild Schwan (Cygnus). Ich hatte ihn bereits im Vorjahr fotografiert. Damals mit der interessanten Flammenstruktur (siehe: „Sternbild Schwan (Cygnus) – Für Astrofotografen“).
Diesmal ist die gegenüberliegende Seite des Nebels an der Reihe, denn dort gibt es einen blasenförmigen Planetarischen Nebel, den ich im vorigen Jahr übersehen hatte: Den Seifenblasen-Nebel. Planetarische Nebel bestehen aus Plasma und Gas. Es sind Hüllen, die von alten Sternen an deren Lebensende abgestoßen wurden. Meist sind sie sehr lichtschwach, weshalb oft sehr lange Gesamtbelichtungszeiten notwendig sind, um sie sichtbar zu machen. Der Name „Planetarischer Nebel“ ist historisch bedingt. In Wirklichkeit haben Planetarische Nebel mit Planeten nichts zu tun. Obwohl Planetarische Nebel auch Emissionsnebel sind (sie emittieren Licht), bezeichnet man üblicherweise als „Emissionsnebel“ solche Gasnebel, die ihre Energie von benachbarten jungen Sternen beziehen bzw. es sind Überreste der Gaswolken, aus denen die jungen Sterne entstanden sind. Darüber hinaus gibt es noch Reflexionsnebel, die kein eigenes Licht aussenden, sondern das Licht benachbarter Sterne reflektieren. Und dann gibt es noch Dunkelnebel, bestehend aus Staubwolken, die kein Licht durchlassen.
Noch einer anderen Weltraum-Blase habe ich mich fotografisch gewidmet: Dem Blasen-Nebel NGC 7635 im Sternbild Kepheus. Die 7100 Lichtjahre von uns entfernte Blase entstand durch den Sternenwind eines O-Sterns. O-Sterne sind die größten, massereichsten und heißesten Sterne im Universum. Im Gegensatz zum Seifenblasen-Nebel, der ein Planetarischer Nebel ist, gehört NGC 7635 zu den Emissionsnebeln.
Ebenfalls im Sternbild Kepheus befindet sich der relativ schwache Emissionsnebel Sh2-132 mit dem Namen „Löwen-Nebel“. Die löwenähnliche Struktur dieses Nebels ist nur dann zu erkennen, wenn man mit Filtern fotografiert, die ausschließlich das Licht des ionisierten Wasserstoffs (Ha), des ionisierten Sauerstoffs (OIII) und ggfls. noch des ionisierten Schwefels (SII) passieren lassen.
Ein weiteres Astro-Fotografie-Objekt, welches ich im Sommer 2023 aufnehme, ist der Pacman-Nebel (NGC 281) im Sternbild Kassiopeia. Der 9500 Lichtjahre von der Erde entfernte Emissionsnebel hat seinen Namen von der Ähnlichkeit mit der Pillen fressenden Spielfigur Pac-Man.
Bereits im September 2022 hatte ich angefangen, im Sternbild Kepheus den Emissionsnebel Sh2-129, den „Fliegende Fledermaus-Nebel“ zu fotografieren. Dieser rote Emissionsnebel aus ionisiertem Wasserstoff (Ha) enthält eine Besonderheit: Bei sehr langen Gesamtbelichtungszeiten erscheint im Fledermausnebel ein zweiter Nebel: Der aus ionisiertem Sauerstoff (OIII) bestehende, bläulich-türkis leuchtende „Tintenfisch-Nebel“, der erst im Jahre 2011 vom Amateur-Astronomen Nicolas Outters entdeckt wurde. Aus den Anfangsbuchstaben des Entdeckers wurde sein Name gebildet: „OU4“. OU4 ist ein äußerst schwach leuchtender Planetarischer Nebel. In diesem Jahr will ich das Projekt „Sh2-129 mit OU4“ abschließen. 13 Nächte investiere ich im August und September. Die aus diesen Nächten verwendbaren Fotos ergeben eine Gesamtbelichtungszeit von mehr als 40 Stunden. Dazu kommen noch die Aufnahmen aus 2022. Das alles ergibt eine Gesamtbelichtungszeit von mehr als 43 Stunden! Trotzdem ist es eine Herausforderung an die Astro-Fotografie-Bildbearbeitung, den äußerst schwachen Nebel im viel, viel stärker leuchtenden Fledermaus-Nebel sichtbar zu machen.
Ein weiteres Astro-Fotografie-Projekt, welches ich in 2022 angefangen habe, kann ich in 2023 fortführen. Da dieses Projekt sogar noch mehr Gesamtbelichtungszeit benötigt als „Sh-2 129 mit OU4“, werde ich damit voraussichtlich noch einige Zeit beschäftigt sein. Aber über ungelegte Eier soll man nicht sprechen. Ich werde zu gegebener Zeit berichten.
Auch über die gelegten Eier sollte man u.U. nicht sprechen. So sehe ich bei den Sternen in den Aufnahmen qualitätsmäßig noch Luft nach oben.
Vielleicht wirst du dich fragen, wie so viele Nächte und so viel Belichtungszeit für die Astro-Fotografie zusammenkommen können. Zum Glück bin ich in der Lage, mit zwei kompletten Systemen arbeiten zu können. Dazu kann mit den (Duo-)Narrowband-Filtern (Ha, OIII, SII) auch noch bei einer gewissen Mondlichtstärke fotografiert werden. Andererseits gibt es Nächte, in denen durch aufziehende Bewölkung oder andere Widrigkeiten keine oder nur wenig Belichtungszeit zusammenkommt. Z.B. die Nacht vom 09.09.23 auf den 10.09.23, in der ich pro System lediglich 1,5 Stunden Belichtungszeit verbuchen kann. Es gab aber auch schon Nächte, in denen ich mein Equipment vergeblich aufgebaut habe, weil ich mal wieder auf die Wetterberichte hereingefallen bin. 2-2,5 Stunden Aufbau, 1-1,5 Stunden Abbau, dazwischen stundenlanges Hoffen auf klaren Himmel, dann der Frust über die vertane Zeit und Mühe. Aber das ist eben Astrofotografie…
Zum Schluss noch einige Impressionen vom Aufbau meines Equipments, die mein Fotofreund Florian Girardin geschossen und mir freundlicherweise zur Verfügung gestellt hat:
Hallo Ronald,
ich bewundere deine Geduld für die Deep-Sky-Fotografie. Die habe ich so nicht.
Ich gebe mich mit der Milchstraße gerne zufrieden, auch wenn ich sie dieses Jahr wieder einmal nicht so oft fotografieren konnte wie ich gerne gewollt hätte.
Deine Aufnahmen sind wirklich klasse. Boah und diese Apparatur, die du aufbaust *wow* !
Weiterhin viel gutes Wetter in der Nacht, damit wir nächstes Jahr wieder in den Genuss solcher Bilder kommen.
LG Frauke
Hallo Frauke,
vielen Dank für Deinen Kommentar! Ja, Geduld muss man haben. Seit ich Anfang Oktober aus Höchenschwand zurückgekehrt bin, hatte ich hier noch keine einzige richtig nutzbare Sternennacht.
Dir ebenfalls allzeit „Gut Licht“!
Liebe Grüße
Ronald