Als ich im Internet das erste Mal Sternspuren-Fotos sah, war natürlich sofort der Wunsch da, auch einmal solche Aufnahmen zu erstellen. Wenn man einige wenige Dinge beachtet, ist das gar nicht so schwer. Auch Spezialausrüstung wird nicht benötigt. Hier erkläre ich Dir, wie es funktioniert.
Im Grunde brauchst Du für die Sternspuren-Fotografie nur eine Kamera, deren Einstellungen (Empfindlichkeit/ISO, Verschlusszeit, Blende, Bulb-Modus) Du selber vornehmen kannst und ein Stativ. Bietet Deine Kamera keine Möglichkeit, eine Bilderserie aufzunehmen, benötigst Du noch einen (kabelgebundenen) Fernauslöser mit Feststellmöglichkeit des Auslöseknopfes und/oder mit Timer-Funktion. Auch eine Stirn- oder Taschenlampe ist notwendig, möglichst mit Rotlicht-Funktion. Im Gegensatz zu normalem Licht, müssen die Augen sich unter Rotlicht nicht stets mühsam wieder an die Dunkelheit gewöhnen, bis Du wieder die Sterne erkennen kannst.
Such Dir tagsüber ein Motiv, das Du Richtung Norden fotografieren kannst. Warum Norden? Weil der Polarstern, um den die Sterne scheinbar kreisen, fast genau im Norden am Himmel steht und Du Deine Kamera entsprechend ausrichten musst, um Sternspuren in Kreis- oder Bogenform zu erhalten. Außerdem muss der Himmelsausschnitt auf dem Foto groß genug sein. D.h., die Brennweite sollte im Weitwinkel-Bereich (unter 50mm) liegen. Idealerweise zwischen 14mm und 35mm. Hast Du nur ein (fest eingebautes) Universal-Zoom-Objektiv, dann stell es auf den Bereich ein, der Dir den größten Sichtbereich bietet. Mach ein paar Probefotos und prüfe, ob nicht nur ein weiter Himmelsausschnitt zu sehen ist, sondern auch noch das Motiv im Vordergrund groß genug erscheint. Du kannst Deine Sternspuren-Fotos auch bereits zu Hause planen, wenn Du eine entsprechende Planungs-App besitzt. Wie man so etwas macht, habe ich anhand der Planungs-App PlanIt! hier beschrieben: „Startrails – Planung mit PlanIt! für Fotografen„.
Natürlich brauchst Du eine sternenklare Nacht für Dein Vorhaben. Um über die Serie hinweg einigermaßen gleichmäßig belichtete Fotos zu erhalten, solltest Du mit den Aufnahmen dann beginnen, wenn die astronomische „Dunkle Nacht“ angebrochen ist. Ob eine sternenklare Nacht zu erwarten ist, erfährst Du beispielsweise hier: https://clearoutside.com/forecast/50.7/-3.52, wenn Du dort Deinen Motivort eingibst. Gute Chancen für erfolgreiche Sternspuren-Fotos hast Du, wenn der Bereich (Zeitraum) über der schwarzen Linie, welche die „Dunkle Nacht“ symbolisiert, für die geplante Gesamtbelichtungsdauer grün markiert ist.
In der „Tatnacht“ richtest Du also Deine Kamera nach Norden aus, wo sich in etwa der Polarstern befindet. Willst Du es ganz genau machen und den Polarstern mit im Bild haben, musst Du genau wissen, wo er sich befindet. Es ist der letzte Deichselstern des Kleinen Wagens. Den Großen Wagen kennst Du wahrscheinlich besser und findest ihn auch schneller, als den Kleinen Wagen. Verlängere einfach den Abstand der beiden Stirn-Sterne/Kasten-Sterne des Großen Wagens um 5 Längen nach oben. Dann bist Du fast am hellen Polarstern angelangt.
Wie sollten nun Belichtungszeit, ISO und Blende für Deine Sternspuren-Fotos eingestellt werden?
Zieh die Blende so weit auf wie möglich (kleinste Blendenzahl), ggf. 1 Stufe abblenden, da die Bildqualität sich dadurch verbessert. Stell die Empfindlichkeit (ISO-Zahl) so gering wie möglich ein (geringes Bildrauschen).
Und die Belichtung? Wenn die Sterne punktförmig abgebildet werden sollen, dann wähle die Belichtungszeit etwas kürzer als 500/Brennweite/Cropfaktor. Also: Vollformat mit 30mm Brennweite = 500/30/1 = 16 Sekunden (besser 13). Canon Crop-DSLR, wie z.B. 7D2 = 500/30/1,6 = 10 Sekunden (besser nur 7 oder 8). Reicht die Belichtungszeit nicht, muss die Empfindlichkeit (ISO) erhöht und/oder die Blende erweitert werden.
Sicher ist es gut, vor der endgültigen Serie ein paar Fotos mit punktförmigen Sternen zu erstellen. Es wäre schade, wenn man ein tolles Motiv mit Sternenhimmel wegen eier- oder strichförmiger Sterne nicht als Einzelfoto verwenden kann.
Die eigentliche Sternspuren-Serie aber mit kurz belichteten Einzelfotos zu erstellen bringt einige Nachteile mit sich:
- Eine höhere ISO-Einstellung ist notwendig (Bildrauschen)
- Es sind in der anschließenden Bearbeitung viele Bilder zu retuschieren/zu bearbeiten
- Die zahlreichen Fotos erfordern lange Ladezeiten (Photoshop)
- Viele Fotos erfordern einen großen Speicherplatzbedarf
- Erhöhter Kameraverschleiß (Verschluss)
Fazit: Eine möglichst lange Belichtungszeit wählen (aber auch nicht zu lange, damit die Sterne und andere Lichtquellen nicht überstrahlt werden). Wer den einfachen Weg über die Serienbildfunktion der Kamera gehen möchte, hat i.d.R. eine maximale Verschlusszeit von 30 Sek. zur Verfügung (Serienbildfunktion der Kamera wählen, Auslöseknopf der Fernbedienung einrasten/feststellen). Mit einem Timer und der Bulb-Funktion der Kamera kannst Du längere Verschlusszeiten erreichen. Dabei sollte die notwendige Pause zwischen zwei Aufnahmen bei ca. 3 Sek. liegen. Je kürzer, desto besser. Wie viel Pausenzeit die Kamera von Bild zu Bild mindestens benötigt, kannst Du durch eine Probeserie mit der Serienbildfunktion und anschließender Kontrolle der Aufnahmezeiten (bspw. in Lightroom oder ExifTool) feststellen.
Je nach Brennweite reichen diese 3 Sekunden allerdings bereits aus, um innerhalb der Sternspuren von Bild zu Bild kleine Lücken zu erhalten, also keine vollkommen geschlossenen Strichspuren. Bei 20 mm oder weniger Brennweite (an Vollformat) und Serienbildfunktion sind in der Bildvergrößerung keine Lücken sichtbar. Ab 25 mm allerdings schon. Zumindest bei meinen Canon DSLRs ist das so. Die Lücken sind allerdings bei 35 mm Brennweite noch akzeptabel und nur in der Bildvergrößerung erkennbar.
Eine sinnvolle Gesamtbelichtungszeit liegt bei ca. 2,5 Stunden. Wie lange Du die einzelnen Aufnahmen maximal belichten kannst, hängt von den Umgebungsbedingungen (dunkler Himmel, Lichtverschmutzung, Mondschein usw.) ab. Testfotos sind unerlässlich. Vergiss nicht, Deine Stirn-/Taschenlampe auszuschalten, wenn Du fotografierst! Besonders das Rotlicht stört die Aufnahmen. Nachdem alle Einstellungen erfolgt sind und die Testfoto-Reihe erfolgreich abgeschlossen wurde, wird die Kamera „scharf“ geschaltet. Unmittelbar vor der Scharfschaltung verpasse ich der Kamera einen frischen Akku, denn die Unterbrechungszeit für einen Akkuwechsel würde eine größere Lücke in den Sternspuren erzeugen.
2,5 Stunden Gesamtbelichtungszeit ergibt eine Bildermenge bei 30 Sek. Einzelbelichtungszeit und 3 Sek. Pause von 273 Fotos. Bei einer Belichtungszeit von 2 Minuten reduziert sich die Bilderanzahl bereits auf 73 Aufnahmen. Meine erste Sternspuren-Serie hatte ich mit 10 Sekunden pro Bild belichtet. Danach musste ich mehrfach die über 700 Fotos durchforsten, um alle Störungen durch Kometen und Flugzeuge zu entdecken und zu beseitigen. Das macht wirklich keinen Spaß!
Damit sind wir auch schon bei der Bildbearbeitung. Meine Frau meint immer, es sähe authentischer aus, die Störelemente im Bild zu behalten. Ich dagegen mag keine schnittmusterartigen Bilder. Deshalb erstelle ich meist zwei Versionen: Eine im Original und eine bereinigte.
Zur Bereinigung verwende ich in Lightroom das Bereichsreparatur-Werkzeug. Die Pinselgröße stelle ich so klein wie möglich ein. Lightroom wählt selbst einen Bereich des Fotos aus, dessen Inhalt in den zu korrigierenden Bereich kopiert wird. Diesen Bereich kann man verschieben. Dies ist dann sinnvoll, wenn er zu viele Sterne (insbesondere sehr helle Sterne) enthält, die im zu korrigierenden Bereich stören würden. Einzelne kopierte Sterne können natürlich auch nachträglich im Zielbereich noch einmal mit dem Bereichsreparatur-Werkzeug entfernt werden.
Andere notwendige Bildbearbeitungen (Bildentwicklung), wie aufhellen, abdunkeln, schärfen, entrauschen usw. werden an einem einzigen Foto der Serie durchgeführt und mit der Lightroom-Synchronisation auf die anderen (ausgewählten!) Fotos der Serie übertragen. Aber Vorsicht! Die Bildbearbeitung und Synchronisation muss entweder v o r der Bereichsreparatur erfolgen, oder die Bereichsreparatur muss in den Synchronisations-Einstellungen abgewählt werden.
Falls noch nicht geschehen, werden alle relevanten Fotos der Serie ausgewählt und per Menüpunkte „Foto“-„Bearbeiten in“-„In Photoshop als Ebenen öffnen…“ nach Photoshop übertragen. Sobald die Übertragung abgeschlossen ist, müssen alle Ebenen markiert werden. Danach im Ebenen-Menü in der Listbox von „Normal“ auf „Aufhellen“ stellen. Voilà! Und schon erscheinen die Sterne als Sternspuren!
Jetzt braucht das Ergebnis nur noch abgespeichert werden. Ggf. erfolgt eine Meldung, dass die TIFF- oder PSD-Datei zu groß zum Speichern ist. Das Reduzieren auf eine Ebene oder das Abspeichern im JPEG-Format schafft Abhilfe.
Und jetzt: Auf zu großen Taten!
Hier meine bisherigen Berichte zu Vorgehensweisen bei der Astrofotografie:
- Mond fotografieren – Guter Mond, du gehst so schnelle
- Mondfotografie – Hat der Mann im Mond Pickel?
- PlanIt Anleitung – PlanIt! für Fotografen
- Fotoplanung mit PlanIt! für Fotografen
- PlanIt Markierung – Der Szenenstandort
- PlanIt Kalender – Mond-Phasen ermitteln
- PlanIt Kamerastandort ermitteln – Planungselemente
- PlanIt Tutorial – Mondfoto planen mit der Ereignissuche
- Milchstraßenfotos planen – PlanIt! und andere Werkzeuge
- Startrails – Planen mit PlanIt! für Fotografen
- Sternspuren-Zeitraffer erstellen – StarStaX
- Zeitraffer-Video mit DaVinci Resolve – Sternspuren
- Zeitraffer-Video mit Magix Video deLuxe – Sternspuren
- Fundorte notieren – App statt Notizbuch
Hallo Roland.Tolle Bilder von der Burg,dem Mond und Vorallem den Sternenhimmel.Man ahnt,es steckt viel Arbeit dahinter.Werde es mal ausprobieren.Bin noch Anfänger.Gruß aus Biberach an der riss
Hallo Alfred,
vielen Dank für Deinen Kommentar! Es freut mich, dass Dir die Bilder gefallen.
Ich wünsche Dir viel Erfolg und gutes Wetter für Dein Vorhaben!
Viele Grüße
Ronald