Eines Tages mitten im Mai ruft Peter mich an: „Bianca hat mitten in Düren junge Waldohreulen gesehen!“. Natürlich bewaffnen wir uns sofort mit Kamera, Tele und Stativ und fahren Richtung Düren.
Bianca zeigt uns die Stelle, wo sich die jungen Waldohreulen aufhalten. Wir bauen unsere Kameras auf, was einige der Anwohner auf den Plan ruft:
„Was fotografieren Sie denn da?“
„Jungen Waldohreulen.“
„Sind das die, die die ganze Nacht über fiepen und uns um den Schlaf bringen?“
„Genau!“
„Wir haben schon ein paarmal das Ordnungsamt angerufen. Aber die tun nix. Sind Sie von der Zeitung?“
„Nein, wir wollen nur die Eulen fotografieren.“
„Also auch nicht von der Stadt?“
„Nein.“
Nicht alle Anwohner, die uns ansprechen, machen einen vertrauenserweckenden Eindruck. Deshalb vermeide ich es, meine Visitenkarten zu verteilen. Normalerweise nehme ich solche Gelegenheiten gerne wahr, um neue Leser für meine Website zu gewinnen.
Auf jeden Fall entdecken wir fünf Ästlinge, wie man junge Vögel (besonders junge Eulen) nennt, die zwar schon das Nest verlassen haben, vielleicht sogar schon flügge sind, aber noch immer von den Eltern mit Futter versorgt werden.
Manche der Ästlinge klettern in den Bäumen herum, andere sitzen einfach nur auf einem Ast, sind müde und gähnen wie die Löwen.
Es war wohl die letzte Gelegenheit, diese Jungeulen zu fotografieren, denn am nächsten Tag regnet es in Strömen und am übernächsten Tag sind die Kleinen nicht mehr zu sehen.
Im November macht Editha mich auf eine www.ornitho.de-Meldung aufmerksam: Acht Waldohreulen sind nicht weit von Zülpich gesichtet worden. Ich erfahre, dass es sich beim genauen Fundort um einen Baum auf einem Friedhof handelt. Die Waldohreulen haben nämlich eine seltsame Marotte: Über den Winter rotten sich Trupps von Waldohreulen zusammen und suchen sich einen „Schlafbaum“, in dem sie den Tag verschlafen, bevor sie in der Dämmerung und in der Nacht wieder auf die Jagd nach zartem Mäusefleisch gehen. Wenn die Eulen nicht allzu sehr gestört werden, dann suchen sie „ihren“ Baum über Jahre immer wieder auf, um in seinem „Schlafsaal“ zu relaxen. Im Frühling ziehen die Waldohreulen dann wieder aus. Einige bleiben in der Nähe, andere aus der „Schlafgemeinschaft“ fliegen zurück in den Nordosten Europas oder wo sie auch immer hergekommen sind. Im nächsten Jahr finden sie sich im Schlafbaum dann wieder zusammen.
Wie erkennt man einen Waldohreulen-Schlafbaum? Natürlich am Vogelschiss. Und vor allem an dem ausgewürgten Gewölle, das sich unter dem betreffenden Baum ansammelt. Ein Tipp: Das Aufsammeln der ausgewürgten Mäusefelle lohnt sich nicht. Die Felle sind durch die Magensäure der Eulen nicht richtig gegerbt und es macht auch viel zu viel Mühe, die kleinen Dinger für einen ordentlichen Wintermantel zusammenzunähen. Für ein Paar warme Socken mag es reichen…
Das Problem der Schlafbäume ist, dass es sich üblicherweise um Nadelbäume handelt, die nicht nur im Sommer grünen, sondern auch im Winter, wenn es schneit oder auch nicht.
Die Schlafbäume bilden einen dichten Schutz um die Schläfer. Ich umkreise nun den Schlafbaum in genügendem Abstand (denn die Tiere sollen ja nicht gestört werden), indem ich alle 30 cm stehen bleibe und den Schlafbaum mit dem Fernglas komplett absuche. Sobald ich eine der Eulen durch ein Loch im Geäst entdecke, versuche ich eine Position (tiefer, höher, mehr rechts, mehr links) zu finden, um das Gesicht der Eule gut fotografieren zu können. Meist gelingt das nicht, weil die entdeckte Waldohreule zu tief im Geäst des Baumes sitzt.
Manchmal sind es auch nur ein paar Zweige, die das Eulengesicht verdecken und die bei Wind den Blick auf das Tier freigeben. Dann habe ich Glück.
Schön ist es, wenn das Ganze auch noch auf der Südseite des Schlafbaums passiert und dort die Sonne mitspielt.
Alles in allem: Ein mühsames Geschäft. Mehrfach muss ich im November den Schlafbaum besuchen, um ein paar geeignete Fotos zu erhalten.
Übrigens haben die auffälligen „Ohren“ der Waldohreule nichts mit ihrem Gehör zu tun, denn es handelt sich lediglich um zwei aufrecht stehende Federbüschel.
Die eigentlichen Ohren (oder besser: Ohrlöcher) der Waldohreule sind nicht zu sehen, weil sie von Federn verdeckt sind. Das Gehör wird allerdings, wie bei allen Eulenarten, von der eulentypischen Gesichtsform unterstützt.
Beim „Eulenschießen“ fällt mir immer wieder eine heller gezeichnete Eule auf. Ich mache mir darüber keine weiteren Gedanken. Leider. Bis Hauke aus Münster mich nach der Veröffentlichung dieses Berichts darauf aufmerksam macht: Das ist keine Waldohreule, sondern eine Sumpfohreule! Vielen Dank, Hauke!
Sumpfohreulen ruhen tagsüber normalerweise auf dem Boden im freien Gelände. Dass sie sich zu den Waldohreulen im Schlafbaum gesellen, ist m.E. sehr ungewöhnlich!
Manchmal stellt sich ein Ärgernis als Glücksfall heraus. Wenige Tage vor Weihnachten besuche ich am späten Nachmittag den Schlafbaum. Nur wenige Eulen sitzen im Baum, eine einzige ist fotografierbar. Es ist die Sumpfohreule. Eine ältere Dame kommt mit ihren beiden kleinen Enkelinnen, die am Schlafbaum herumwuseln. Ich ärgere mich, denn „meine“ Eule ist beunruhigt und fliegt davon. Allerdings dreht sie ein paar Runden und lässt sich dann auf der Spitze einer anderen Tuja des Friedhofs nieder. Ruhe hat sie dort nicht, sondern wird alsbald von einer Elster attackiert.
Fotografisch nun doch ein Glücksfall, denn ich kann die Eule im Flug erwischen.
Am Neujahrstag will ich die Waldohreulen wieder besuchen. Es ist keine mehr zu sehen. Offensichtlich hat die Sylvester-Knallerei die Tiere vertrieben, denn sie sind auch eine Woche später nicht wieder an ihrem Ort zu sehen. Schade.
Deshalb: Falls Du einmal so einen Schlafbaum entdeckst: Halte genug Abstand und störe die Tiere nicht!
Im nächsten Oktober/November werde ich den Waldohreulen-Schlafbaum sicherlich wieder besuchen und nachschauen, ob die Vögel den Ort endgültig aufgegeben haben oder zurückgekehrt sind.
Hallo Ronald,
die Bilder sind wirklich traumhaft!
Mich würde interessieren, ob du die Waldohreulen den Baum nur über einen Winter genutzt haben oder im nächsten Jahr wiederkamen?
Liebe Grüße
Hallo Marvin,
vielen Dank für den Kommentar!
Die Eulen kamen jahrelang, haben aber wohl inzwischen das Revier gewechselt.
Liebe Grüße
Ronald
Lieber Ronald, ich muss Herrn Gätken leider ein bisschen recht geben. Bei uns haben Waldihreulen sogar an einer recht stark befahrenen Straße neben einem Feld genistet. Das hat sie nicht gestört. Wenn man aber häufig dort auftaucht, um sie immer wieder zu filmen oder zu fotografieren, fühlen sie sich quasi ausgespäht, so wie es eben Raubtiere machen würden. Daher sollte man einen großen Abstand halten und sie mit einem Fernglas oder einem wirklich weitreichenden Objektiv fotografieren. Vorbeigehen und dabei plaudern, alles kein Problem, aber immer wieder in der Nähe sein und sie dann nich ganz ruhig beobachten, das löst Stress bei denen aus. Eigentlich bei allen Vögeln. Außerdem gähnen Eulen nicht. Auch Ästlinge nicht. Sie würgen in diesem Moment und danach das Gewöll auszuwerfen. Ich verstehe es aber, dass man von Eulen fasziniert ist und sie fotografieren möchte. Aber bitte mit entsprechendem Wissen, welches man sich ganz einfach „erlesen“ kann. Und ich finde die Tips zum Auffinden der Schlafbäume auch nicht gut. Im Internet liebe Tierbilder googeln und dann sogleich eine Anleitung zur Auffindung dieser scheuen Tiere zu finden, ist einfach nicht so toll. Denn viele, die nur mal so „Eulenbilder“ googeln, gehören nicht unbedingt zu den rücksichtsvollen Menschen, die Wildtiere respektieren und schützen wollen. Trotzdem mag ich betonen, dass ich nicht glaube, das sie es „schlecht“ meinen mit Ihrer Veröffentlichung. Liebe Grüße
Hallo Moni,
vielen Dank für den Kommentar! Schön, wenn sich jemand so viel Gedanken um die Natur macht!
Ich denke, ich habe bei der Beantwortung des Kommentars von Herrn Gätken bereits alles gesagt.
Viele Grüße und viele schöne Naturerlebnisse!
Ronald
Hallo Ronald,
etwas kurioses wollte ich Dir doch mitteilen.
Unser Friedhof (was ich nicht wusste) wird regelmässig mit einer Kehrmaschine gesäubert .Diese fährt gründlichst um jeden Baum herum, jeder Weg und Rasen wird gekehrt.
Unser Friedhof ist SAUBER!!!!!
Da findest du nichts was da nicht hingehört. Nachdem die Stattverwaltung im Schlossgarten alle alten Linden gefällt und durch junge Bäumchen ersetzt hat ,werde ich keine Eulen mehr entdecken. (die saßen früher im Schloßgarten auf den alten Linden. Gruß Bernd
Hallo Bernd,
ja, das ist schon manchmal traurig. Schlafbäume der Eulen werden schnell abgeholzt, und für Bäume, die eine Gefahr bei Sturm darstellen, bekommt man keine Fällgenehmigung und muss mit ansehen, wie genau so ein Baum im Sturm umkippt und das eigene Haus zerstört (wie in Fernsehberichten der letzten Tage zu sehen).
Dann gratuliere ich Dir jedenfalls zum sauberen Friedhof. Wäre ja auch doof, wenn die Eulen durch ihr Rufen die Totenruhe stören würden…
Liebe Grüße
Ronald
Lieber Ronald,
ich glaube, nicht nur Erikas Lieblingstiere sind Eulen.
Seit ich deine – mit so viel Liebe und fachlichem Verständnis-
Fotographien kenne, werden diese auch immer mehr zu meinen Lieblingen!
Freue mich auf weitere Bilder !
Liebe Grüße
von Franziska ( aus dem noch verschneiten Schwarzwald )
Liebe Franziska,
lieben Dank für Deinen Kommentar, der mich natürlich ganz besonders gefreut hat!
Das Wetter bei Euch war in der letzten Zeit fotofreundlicher als das unsrige hier in der Nordeifel.
Ich hoffe, dass wir alle den für das Wochenende angekündigten Orkan schadlos überstehen werden.
Ich melde mich in der nächsten Woche bei Dir.
Liebe Grüße
Ronald
Gute Anleitung um die Tiere immer wieder zu stören.Sobald sich Vogel gestört fühlt fliegt alles hoch.
Beachten Sie die NSG ….das beunruhigen,das stören an Rast und Ruheplätzen usw
Hallo Herr Gätken,
vielen Dank für den Hinweis!
Nun ist es so, dass aus dem Bericht hervorgeht, dass die Eulen
1. mitten in der Stadt an einer belebten Siedlung gebrütet haben, wo sich die Menschen offensichtlich mehr gestört fühlten als die Eulen und
2. der erwähnte Schlafbaum auf einem Friedhof steht, wo ständig Besucher unmittelbar am Baum vorbeigehen und auch die Gräber unmittelbar am Baum pflegen.
Das alles, ohne dass die Eulen sich gestört fühlen. Fast alle Friedhofsbesucher wussten übrigens von den Vögeln. Die einzige Störung war das wild gestikulierende Herumwuseln der beiden kleinen Mädchen auf dem Friedhof und unmittelbar am Baum. Die Kinder taten das unbewusst im Spiel, ihnen ist wohl kein Vorwurf zu machen.
Aber selbst durch einen im Behördenauftrag agierenden Herrn, der die Bäume auf dem Friedhof vermessen hat (auch den Stamm des Schlafbaums!) ließen die Eulen sich nicht stören. Sie haben den Herrn allerdings genau beobachtet.
Meine erfahrenen Naturfotografen-Kollegen und ich haben stets ausreichend Abstand zum Baum gehalten. Mehr als die Besucher des Friedhofs.
Der Bericht ist übrigens auch nicht als Anleitung zu verstehen. Sonst müsste man dem Landesverband Eulenschutz in SH e.V. den gleichen Vorwurf machen, denn er berichtet ebenfalls darüber, dass man die Schlafplätze am Gewölle erkennt und diese sich gerne in Parks und auf Friedhöfen befinden (siehe: „Lebensraum“ in „Waldohreule (Asio otus)„). Ich werde meinen Bericht aber gerne um einen entsprechenden Hinweis ergänzen.
Freundliche Grüße
Ronald Wasserrab
Hallo Ronald, ganz tolle Eulenbilder. Die sind sooo niedlich.
Sehr schön
LG Heidi
Hallo Ronald ,
leider bislang keinen Erfolg gehabt. Die Nadelbäume sind so
dicht ,daß man nicht hineinsehen kann.
Gruß
Bernd
Hallo Bernd,
ja, das ist manchmal sehr schwierig. Ich umkreise den Schlafbaum in kleinen Schritten und suche bei jedem kleinen Schritt den Baum mit dem Feldstecher sorgfältig ab. Manchmal denke ich dann, eine Eule gesehen zu haben, aber es ist nur der Baumstamm. Aber wenn Eulen im Baum sitzen, finde ich sie letztendlich auch. Selbst, wenn ich den Baum mehrfach umkreisen muss (in verschiedenen Abständen).
Natürlich kann es sein, dass die Eulen nicht mehr da sind oder sich aufgrund von Störungen in einem Nachbarbaum verkrochen haben.
Ich wünsche Dir jedenfalls viel Erfolg bei Deiner Eulen-Suche.
Ronald
Hallo Ronald ,
wieder sehr lehrreich! das die Eulen sich im Winter zusammenrotten ist mir neu. Werde postwendend den Friedhof nach Eulen inspizieren. Wer wagt gewinnt.
Übrigens -die zwei Eulen in den grünen Blättern -herrlich
Hallo Bernd,
vielen Dank für Deinen Kommentar!
Da bin ich gespannt, ob Du Erfolg hast. Vielleicht gibt es ja bei ornitho.de Eulen-Meldungen in Deiner Nähe. Wenn Du einen Schlafbaum ausfindig gemacht hast, dann such ihn von allen Seiten mit einem Fernglas ab. Das erleichtert das Auffinden ungemein.
Herzliche Grüße
Ronald
hallo, Gruß aus der Pellenz, gutes neues Jahr noch!
Tolle Eulenbilder, einfach schön.
Freu mich über weitere Fotoserien, Lothar
Hallo Lothar,
vielen Dank! Ich wünsche Dir auch viele schöne Naturerlebnisse in der Pellenz!
Liebe Grüße
Ronald