Mehrfach in diesem Jahr besuche ich das Rheindelta am Bodensee zwischen Bregenz und Hoechst. Während im vorigen Jahr der Wasserstand zu hoch war, ist er in diesem Jahr extrem niedrig und damit sind viele Schlickflächen frei, auf denen die Limikolen (Watvögel) ihre Nahrung suchen.
Interessant ist das Rheindelta mit seinen Schlickflächen vor allem zu den Zugzeiten im August und September. Allerdings auch nur dann, wenn der Pegel Konstanz unter 340 cm gesunken ist. Je niedriger der Pegel, desto größer sind Anzahl und Fläche der sichtbaren Schlickflächen. Durch die lange Trockenperiode in diesem Jahr lag der Konstanzer Pegel teilweise unter 300 cm! Da die Schlickflächen aus Naturschutzgründen nicht betreten werden dürfen und die Limikolen sich gerne an der Wassergrenze aufhalten, vergrößert sich die Beobachtungsdistanz mit fallendem Pegel.
Bei Sonnenaufgang möchte ich meinen Beobachtungsplatz am rechten Rheindamm eingenommen haben. Deshalb klingelt im August um kurz nach 3 Uhr morgens mein Wecker (im September kann ich bereits eine Dreiviertelstunde länger schlafen). Der schnellste, aber teuerste Weg von Höchenschwand aus in Richtung Bregenz führt über die Schweizer Autobahnen (Vignette). Nach gut zwei Stunden Fahrt komme ich am Fischerheim bei den Schleienlöchern an. Die etwa sieben Kilometer bis zum Ende des rechten Rheindamms sind mit der schweren Ausrüstung zu Fuß kaum zu bewältigen. Deshalb habe ich mein Fahrrad dabei und einen Anhänger, in den das große 600er mit angeschraubtem 1,4-fach-Konverter und aufgesetzter Kamera hineinpassen. Dazu noch das Stativ, der Kleinkram und meine Apfelschorle-Vorräte.
Am Ziel suche ich mir ein geeignetes Plätzchen zwischen den großen Steinen des Rheindamms, möglichst weit unten, nahe der Schlickfläche.
Limikolen sehe ich keine. Eine Viertelstunde nach Sonnenaufgang bekomme ich einen kleinen Schreck, als plötzlich 15 Meter rechts von mir entfernt zwei Fotografen aufspringen, die dort bereits vor mir gehockt haben und so gut getarnt sind, dass ich sie erst jetzt bemerke. Die Fotografenkollegen grüßen, packen ihre Sachen und fahren mit ihren Rädern davon. Kaum sind sie verschwunden, kommt ein Bruchwasserläufer angeflogen und lässt sich genau dort nieder, wo die beiden Kollegen eben noch gesessen haben. Man braucht halt Geduld und Ausdauer.
Ich bin nicht besonders getarnt, verhalte mich aber ganz ruhig. Nahrung suchend kommt der Bruchwasserläufer immer näher. Auch andere Limikolen treffen nach und nach ein: Sandregenpfeifer, Flussregenpfeifer, Rotschenkel, Flussuferläufer, Steinwälzer, Kampfläufer, Zwergstrandläufer, Alpenstrandläufer und sogar ein Kiebitzregenpfeifer lässt sich kurz in etwas weiterer Entfernung sehen. Auch einen Goldregenpfeifer bekomme ich vor die Linse. Ein großer Trupp Möwen und Flussseeschwalben, unter die sich auch einige Trauerseeschwalben gemischt haben, lässt sich in einiger Entfernung nieder. Ich bin „happy“. Es wird aber noch spannender.
Im Internet ist die Beobachtung eines Kleinen Sumpfhuhns am Rheindamm gemeldet worden. Das will ich natürlich auch entdecken. Auf der Rückfahrt mache ich bei Rheinkilometer 93,5 Halt und beobachte die Schilfflächen. Zuerst entdecke ich eine Teichralle im Schilf, dann eine Wasserralle. Vom Damm aus führt ein Weg hinunter an den Rand der Schilffläche. Dorthin begebe ich mich vorsichtig und setze mich wieder ruhig auf meinen mitgebrachten Schemel. Während die erste Wasserralle sich von mir wegbewegt hat, kommt eine zweite aus dem Schilf, die ich eine ganze Zeitlang beobachte. Allerdings sind die Lichtverhältnisse leider nicht gerade optimal.
Bald entdecke ich weiter entfernt auch das Kleine Sumpfhuhn zwischen einigen Bekassinen. Über eine durch das Niedrigwasser zugängliche Bune kann ich den Abstand zum Sumpfhuhn etwas verkleinern. So nah wie seinerzeit an der Fussacher Bucht (siehe: „Ein Sumpfhuhn ist selten allein – Beobachtungen bei Koblenz und Bregenz“), komme ich dem Tier jedoch leider nicht.
Ich schwinge mich wieder auf mein Rad und fahre zurück zum Auto, wo ich Rad, Anhänger und Ausrüstung verstaue. Jetzt geht es hinüber zur Hide an der Fussacher Bucht. Weil ich das Rad zusammen mit dem Anhänger weder über den Steg in die Hide mitnehmen, noch davor genügend gesichert abstellen kann, muss ich mich zu Fuß auf den etwa 1,5 km langen Weg machen. Dort kann ich Grünschenkel und Bartmeisen ablichten. Natürlich sind die Grossen Brachvögel auch da.
Einige Wochen später ist der Wasserpegel dermaßen niedrig, dass hier an der Hide keine Limikole mehr aus entsprechender Nähe fotografiert werden kann.
Aber einen halben Kilometer weiter kann ich, auf den Tipp eines Fotografenkollegen hin, wieder einige Wasserrallen ganz aus der Nähe fotografieren. Die gemeldeten Pfuhlschnepfen bekomme ich jedoch leider nicht zu Gesicht. Ich ahne zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass ich diese wenige Wochen später am Bottsand bei Kiel vor die Linse bekommen werde.
Ich freue mich aber bereits jetzt auf meinen Bodenseebesuch im nächsten Jahr, einen „vernünftig“ niedrigen Wasserstand und viele „neue“ Protagonisten!
Sehr schöne Fotos und ein schöner Bericht! Ich bin über das Bild „Großer Brachvogel am rechten Rheindamm“ gestolpert, bei dem es sich glaube ich um den bei uns deutlich selteneren Regenbrachvogel handelt. Der Schnabel und Kopf deuten darauf hin. Vielleicht haben Sie noch weitere Aufnahmen bei denen die Kopfzeichnung besser zu sehen ist. In jedem Fall ein schöner Bericht der mich anregt das Rheindelta mal wieder zu besuchen. Vielen Dank dafür.
Hallo „TZ“,
vielen Dank für den Kommentar und Ihren Hinweis!
Ich habe meine Fotos noch einmal intensiv geprüft und bin letztlich zu dem Schluss gekommen, dass es sich tatsächlich um einen Regenbrachvogel handelt. Ich habe die Bildunterschriften korrigiert. Noch einmal vielen Dank!
Herzliche Grüße
Ronald Wasserrab
Hi Ronald
Wieder , wie nicht anders bekannt eine nette Reiseerzählung , was besonders besticht sind die meist knackscharfen Fotos .
Der Bericht lädt zum nachmachen ein, mich zumindest.
Auf weiter Berichte wartend grüss ich erstmal .
heinz
Hallo Heinz,
wenn Du das Rheindelta besuchst, dann nimm Fahrrad und Anhänger oder/und Josef mit, der hat einen Anhänger…
Den Rheindamm habe ich auch schon einmal ohne Fahrrad „bewältigt“, aber nach den 14 km Fußmarsch mit Sturmgepäck war die Hüft-OP endgültig fällig.
Liebe Grüße
Ronald
Hi Ronald
Aufgrund dessen, dass ich die Fahrrad-anhänger ( ein und zweirädrig ) schon hatte, hat der Josef sich auch dafür entschieden . Das mit deinerr Hüfte ist aber doch schon lange her ,und wie ich vernommen habe läufts ja wieder bestens bei dir.
Ich musste mir die beiden Menisken am re Knie reparieren lassen ,seitdem bin ich sehr eingeschränkt mit der lauferei .
Hallo Heinz,
ich wusste nicht, dass Du auch einen Hänger hast. Dann steht einem Rheindammbesuch ja nichts mehr im Wege. Vielleicht können wir das ja im nächsten Jahr gemeinsam machen.
Die Hüftoperation ist zwar schon einige Zeit her, aber tatsächlich habe ich vorher sowohl den rechten, als auch den linken Rheindamm (allerdings an verschiedenen Tagen) zu Fuß abgeklappert. Also 2×14 km…
Liebe Grüße
Ronald
H allo
Lothar(Anmerkung d. Red.: gemeint ist hier natürlich Ronald),habe mit großem Interesse und Vergnügen Deinen Beitrag gelesen. Wunderbare Fotos.
Von Dir kann man viel lernen.
Wünsche Dir ein Frohes Weihnachtsfest und Gesundheit für weitere spannende Unternehmungen im Neuen Jahr .
Herzlichst
Bernd
Hallo Bernd,
vielen Dank. Das freut mich, dass Dir meine Beiträge gefallen! Ich wünsche Dir ebenfalls eine besinnliche Adventszeit, ein frohes Fest und viele gute Fotos im nächsten Jahr. Vielleicht trifft man sich ja nochmal hier oder da.
Liebe Grüße
Ronald
Tolle neue Fotos, danke.
Der Ausflug zum Rheindelta hatte sich aber 100%ig gelohnt.
Gruß Lothar(Pellenz/Thürer Wiesen)
Hallo Lothar,
vielen Dank für Deinen Kommentar, über den ich mich sehr gefreut habe.
Vielleicht begegnen wir uns ja im nächsten Jahr an den Thürer Wiesen wieder.
Viele Grüße
Ronald