Die Potemkinschen Dörfer waren Großattrappen. Großtrappen sind etwas anderes, nämlich eine der schwersten flugfähigen Vogelarten der Welt. Bis zu 16 kg schwer und bis zu 20 Jahre alt können die sehenswerten Vögel werden. Und ausgerechnet hier bei uns in Deutschland gibt es zwei kleinere Populationen dieser eindrucksvollen Tiere. Da ist es natürlich klar, dass ich diese unsere gefiederten Freunde vor die Linse bekommen möchte.
Von Büsum aus, wo ich Säbelschnäbler-Küken und andere Limikolen (Schreitvögel) fotografiert habe, fahre ich an einem Samstag im Mai gegen vier Uhr in der Frühe los. Mein Ziel: Die Großtrappen bei Buckow und Garlitz in der Nähe von Berlin, in der Havelländischen Luch. Um 9 Uhr erreiche ich den Aussichtsturm Garlitz, der dem Beobachtungsturm von Buckow gegenüberliegt, aber morgens die besseren Lichtverhältnisse besitzt.
In weiter Ferne sehe ich die ersten Großtrappen meines Lebens. 39 Stück zähle ich. Es sind fast ausschließlich Hähne. Die Damen befinden sich in einem umzäunten Areal, wo sie weder Fuchs noch Mensch stören können, während die Herren sich ausschließlich dem Fressen, der Anmache und dem Ausruhen hingeben. Kindererziehung ist Frauensache. Zumindest bei den Großtrappen.
Die Großtrappen sind weltweit gefährdet und bei uns vom Aussterben bedroht. Leider gelingen mir keine zufriedenstellenden Fotos, weil die Hitze an diesem Tag bereits so groß ist, dass scharfe Aufnahmen wegen der flimmernden Luft nicht möglich sind.
Nur wenige Minuten stehe ich oben im Turm Garlitz, als ich Gesellschaft bekomme. Ein urlaubender Hobby-Ornithologe aus Eckernförde ist heute zum zweiten Mal hier, kennt sich also bereits aus. Wir kommen ins Gespräch. René ist eine echte ornithologische Bereicherung für mich. Am späten Vormittag, die Großtrappen haben sich bereits zur Mittagsruhe begeben, fahren René und ich hinüber zum Buckower Beobachtungsturm. Laut René kann man dort nicht nur besser die Großtrappen, sondern auch Grauammern aus der Nähe ablichten.
So sitzen wir also im Turm und halten auf alles drauf, was piept. Nur die Groß(a)trappen lassen sich nicht blicken.
Dafür aber Grauammern und Schafstelzen. Verschiedene Fotografen und Vogelfreunde stoßen im Laufe des Nachmittags zu uns. Aber angesichts der fehlenden Großtrappen suchen sie alle bald wieder das Weite. Auch ein ganzer Bus voller Großtrappen-Interessenten, geführt vom ehemaligen Leiter der hiesigen Großtrappenstation, versucht erfolglos sein Glück. Zum zeitlichen Höhepunkt der Großtrappen-Balz im März/April kommen die Busse scharenweise hierher. Durch die Vibrationen, die solche Horden durch ihre Schritte verursachen, und durch die Unruhe, die sie mitbringen, ist konzentriertes Fotografieren kaum möglich.
Endlich, gegen 17:00 Uhr, sehen René und ich weit entfernt die ersten Großtrappen, die nach ihrer „Mittagsruhe“ wieder aktiv werden. Richtung Beobachtungsturm bewegen sie sich allerdings nicht. Um ca. 17:30 Uhr beschließen wir, das Wagnis einzugehen und auf dem Zufahrtsweg den Großtrappen entgegenzufahren, um sie aus dem Auto heraus zu „erwischen“.
Unser Plan geht voll auf. Die Großtrappen kommen immer näher auf unser Fahrzeug zu. Der Platzhirsch, oder besser gesagt der Leithahn, führt sogar mehrfach sein Balzritual auf. Ein beeindruckendes Schauspiel! Irgendwie erinnert mich das Balz-Gehabe an das EAV-Lied „Ich bin der Märchenprinz“.
Unsere Geduld hat sich ausgezahlt! Fast 9 Stunden haben wir gebraucht, um die Tiere halbwegs vernünftig vor die Linse zu bekommen.
Bevor ich an diesem Abend nach Oranienburg in mein Hotel fahre, verabreden René und ich uns für den kommenden Dienstag, um in der Döberitzer Heide Sperbergrasmücken, Braunkehlchen u.v.a.m. zu fotografieren.
Am nächsten Tag, einem Sonntag und am Montag habe ich vor, die Beutelmeisen an den Linumer Teichen aufzuspüren. Hiervon, und von den Shootings in der Döberitzer Heide, erzähle ich Dir auf meiner Website in gesonderten Berichten.
Hier die Links zu den Berichten meiner beiden großen Frühlings-Rundreisen:
Pralles Leben im Norden Teil I – Im Ochsenmoor
Pralles Leben im Norden Teil II – Am Jadebusen
Pralles Leben im Norden Teil III – Odinsloch und Umgebung
Moin Moin Ronald!!!
Super Bericht,super Bilder und eine tolle Erinnerung an ein fantastisches Erlebnis-von dem Reisebus mal abgesehen.
Vielen Dank und viele Grüße
René
Moin moin René,
vielen Dank für Deinen Kommentar! Ja, es war ein toller Tag!
Liebe Grüße
Ronald