Für einen Naturfotografen gehört die Zwergdommel wohl zu den absoluten Wunschmotiven. Diese kleinste heimische Reiher-Art ist bei uns äußerst selten und aufgrund ihrer versteckten Lebensweise nur mit viel Geduld und meist auch nur mit Hilfe von kundigen Einheimischen zu sehen.
Beim Fotografieren der Purpurreiher (siehe: Schwarzer Hals und roter Hals – Purpurreiher und Schwarzhalstaucher im Naturraum „Nördliche Oberrhein-Niederung“ und Wie einst die Luftbrücke in Berlin – Fütterung der Jungvögel in der Reiherkolonie ) erhalte ich den Tipp von einem anwesenden Ehepaar aus dem Saarland: „Ganz in unserer Nähe gibt es ein Naturschutzgebiet, wo man die Zwergdommel und andere Raritäten gut beobachten kann.“. Ein Satz, der sitzt. Da muss ich hin. Es handelt sich um das Naturschutzgebiet Haff Réimich (ehemalige Baggerweiher Remerschen) im luxemburgischen Moseltal.
Die ersten Besuche des weitläufigen, urwüchsigen Gebietes im Mai 2016 sind etwas enttäuschend. In der Beobachtungshütte zieht es wie Hechtsuppe, und das Wetter ist unterirdisch. Meine Mitbeobachter und ich bekommen die hin- und herfliegende Zwergdommel zwar mehrfach zu Gesicht, allerdings zu weit entfernt und viel zu schnell. Außerdem ist das Licht grottenschlecht.
Zwei Monate später gelingt endlich der erste Treffer: Nach stundenlangem Warten in einer der Beobachtungshütten landet ein Weibchen neben der Hütte im Schilf. Ich kann gerade noch rechtzeitig den Auslöser betätigen, bevor das Vögelchen im Schilf verschwindet.
Ein Jahr später, im Mai 2017 sitze ich wieder im Beobachtungsturm. Eine Reiherente zieht mit ihrem zahlreichen Nachwuchs an uns vorbei, der Drosselrohrsänger gibt uns eine Gratisvorstellung seines Könnens und die Weidenmeise sammelt bereits schmackhaftes Futter für ihren Nachwuchs.
Der Vierfleck, eine große Libellenart und für viele Vögel ein Leckerbissen, lässt sich unbesorgt ohne Deckung vor der Beobachtungshütte nieder.
Mehrfach begegne ich der Barrenringelnatter, die im Wasser nach Fröschen und kleinen Fischen sucht. Auf dem Weg zu einer anderen Hütte sehe ich das Fleischfarbene Knabenkraut, eine Orchidee, blühen.
Brauchbare Zwergdommel-Fotos bekomme ich auch diesmal leider nicht.
Im Juli starte ich einen neuen Versuch. Die Blässhühner, die Teichrallen und die Flussseeschwalben versorgen ihren Nachwuchs, während der Drosselrohrsänger ruhiger geworden ist.
Ein Mitarbeiter der nahe gelegenen „Naturentdeckungszentrums Biodiversum“ (http://www.biodiversum.lu) beschreibt meinen Foto-Freunden und mir, wo auf dem weitläufigen Gelände gerade junge Zwergdommeln beobachtet werden können, wenn man nur genug Geduld hat.
Wir suchen die Stelle auf und irgendwann entdecke ich in einem Schilfgürtel herumkletternde junge Zwergdommeln. Die Zwergdommeln bewegen sich im Schilf, indem sie die Schilfhalme wie Stelzen umklammern und sich ohne Bodenberührung von Halm zu Halm hangeln. Eine seltsam anstrengende Fortbewegungsart…
Wir ziehen noch zu einigen anderen Hütten. In der Größten beobachten wir eine Schwanenfamilie und einige Graureiher, die beständig von den Flussseeschwalben geärgert werden. Weil ich von den vielen anwesenden Besuchern ständig in Gespräche verwickelt werde, verpasse ich jedes Mal den Augenblick, wenn eine Zwergdommel angeflogen kommt. Denn blitzschnell sind die Vögel wieder im Schilf verschwunden.
Drei Tage später fahre ich noch einmal in das über 200 Kilometer entfernte Naturschutzgebiet. Im Beobachtungsturm erhalte ich leider keinen Platz mehr. Ich postiere mich auf die darunter liegende Plattform und kann die Bachstelzen beim Brüten beobachten. Gegen 09:30 Uhr gehe ich zur „Jungvogel-Stelle“. Etwa vier Stunden sitze ich auf meinem Schemel an der Stelle, an der wir drei Tage zuvor im etwa 20 Meter entfernten Schilfgürtel die Jungvögel beobachtet haben.
Die freundlichen Mitarbeiter des Natur-entdeckungszentrums Biodiversum, die mit Schülergruppen an mir vorbeiziehen, fragen, ob ich die Zwergdommeln heute schon gesehen habe und wünschen mir viel Erfolg. Gegenüber manchen militanten Naturschützern anderer Regionen ein absolut vorbildliches und Naturfreunde-freundliches Verhalten! Allerdings sitze ich auch brav auf dem Weg und versuche nicht, durch das Verlassen der Wege näher an die Tiere heranzukommen und sie durch das Überschreiten einer imaginären Grenze zu beunruhigen.
Da sehe ich plötzlich ca. 5 Meter links von mir eine Bewegung. Eine junge Zwergdommel ist im Begriff das Schilf zu verlassen. Nur jetzt ganz ruhig bleiben und bloß keine hektischen Bewegungen machen! Da ich in der falschen Richtung sitze, verdrehe ich mich auf meinem Schemel, das Gesicht hinter der Kamera versteckt, in Richtung Zwergdommel. In völlig verdrehter, wackeliger Pose schieße ich ein Foto nach dem anderen. Die junge Zwergdommel holt sich kleine Fische aus dem Wasser und leckt sich danach mit der langen Zunge genüsslich über den Schnabel. So ein Verhalten habe ich bei einem Vogel noch nie gesehen. Aus einer Schülergruppe nähern sich zwei Mädchen. Ich kann nur hoffen, dass sie mir den Vogel nicht vertreiben. Noch hat er das Schilf nicht verlassen und ist somit nicht frei fotografierbar. Ich rufe den Mädchen leise zu: „Weitergehen!“. Sie verstehen mich nicht, denn sie sprechen fast nur französisch. Irgendwann (denn die Dommeln bewegen sich sehr, sehr langsam), kommt das Tier auf die freie Fläche. Als die besagten Schülerinnen wieder vorbeikommen, geht die Zwergdommel kurz in die Pfahlstellung über, beruhigt sich dann aber schnell.
Jetzt fasse ich den Mut, mich mit Schemel und Stativ optimal auszurichten. Ein tolles „Shooting“!
Sechs Tage später fahre ich erneut hierher, denn mir fehlt noch ein brauchbares Foto von einem erwachsenen Zwergdommel-Männchen. Nach einer gut zweistündigen Fahrt sitze ich bereits um 06:15 Uhr in der Frühe im Beobachtungsturm. Trotz der Frühe habe ich noch den letzten freien Platz erwischt. Nur wenige Minuten später treffen weitere Fotografen ein, die nun leider Pech haben.
Um 10:05 Uhr lässt sich ein Zwergdommel-Männchen herab und posiert für uns im Schilf.
Zwischendurch beobachte ich immer wieder die Bachstelzen, die offensichtlich nicht mehr brüten, sondern ständig mit Futter angeflogen kommen. Von der Treppe zwischen Beobachtungsplattform und Beobachtungsraum aus fotografiere ich die fütternden Bachstelzen. Leider muss ich das Blitzlicht benutzen, was die Augen der Bachstelzen seltsam aussehen lässt.
Anschließend gehe ich noch einmal zu meiner Jungvogelstelle. Diesmal brauche ich nicht zu warten, denn der Jungvogel klettert bereits fleißig im Schilf herum.
Mehr kann ein Naturfotograf kaum erwarten! Mein Ziel ist erreicht, und ich kann mich nun wieder anderen Motiven zuwenden.
Wahnsinnig tolle Bilder von den Zwergdommeln Ronald !
Deine Mühe und deine Ausdauer wurden belohnt.
Vielleicht habe ich ja auch beim nächsten Besuch mal das Glück.
Ich wollte Ende Mai / Anfang Juni nochmal hin.
In welcher der Hütten warst du ? Die Hütte für die Schilfbeobachtung nehme ich an oder ?
LG Frauke
Hallo Frauke,
ich wünsche Dir viel Erfolg im Haff Réimich!
Ich melde mich nochmal bei Dir.
Liebe Grüße
Ronald
Hallo, ein schöner Beitrag mit gelungenen Fotos.
Das von Ihnen angesprochene Zentrum ist das Naturentdeckungszentrum Biodiversum. Könnten Sie dies aktualisieren und auch unsere Webadresse angeben ? http://www.biodiversum.lu
merci, mfg
Patric Lorgé
Hallo Patric Lorgé,
vielen Dank für den Kommentar!
Den Namen werde ich gerne ergänzen und dazu den Link auf das Naturentdeckungszentrum Biodiversum einfügen.
Herzliche Grüße
Ronald
Hallo Ronald,
ein herrlicher Beitrag über die Zwergdommel!!!!!
Herzlichst
Bernd
Hallo Bernd,
das freut mich. Vielen Dank!
Liebe Grüße
Ronald